Stefan Bendiks, Aglaée Degros

Traffic Space is Public Space

Ausgabe: 2020 | 3
Traffic Space is Public Space

Lange Zeit galt das Auto in Privatbesitz als Symbol für Wohlstand. Dementsprechend wurden Städte über Jahrzehnte hin auch für Autofahrerinnen und Autofahrer geplant wie gebaut. Das Auto begann das Stadtbild zu prägen. Alleen und öffentlichen Plätzen folgten mehrspurige Straßen, Stadtautobahnen und Parkflächen. Der Preis war der Verlust an Lebensqualität für dort wohnende Menschen sowie das Verschwinden der öffentlichen Räume als Orte, an denen sich Leben abspielt. Dass dies aber nicht so bleiben muss, zeigen attraktive Beispiele eines „Handbuchs zur Transformation“. Es geht darin um das Verhältnis von traffic space zu public space. „Betrachtet man die öffentlichen Räume von Fassade zu Fassade als Räume, die von verschiedenen Nutzern geteilt werden, und steht dabei die Lebensqualität im Vordergrund, so hat aktive Mobilität (Radfahren und Zufußgehen) dort mindestens genauso ihren Platz wie passive Mobilität (Öffentlicher Personen-Nahverkehr und Auto-Mobilität)“, formulieren Stefan Bendiks und Aglaée Degros (S. 26).

Vorschläge für eine lebensfreundliche Gestaltung öffentlicher Räume

In ihrem lesenswerten Handbuch unterbreiten Bendiks und Degros Vorschläge für eine lebensfreundliche Gestaltung öffentlicher Räume. Anhand von sechs Zielen für bzw. Ansprüchen an Stadtplanung benennen sie Kriterien und Aspekte, die bei der Umsetzung von Projekten zu beachten seien. Betont wird die Einbindung des zu gestaltenden öffentlichen Raumes in bereits bestehende Strukturen und Verkehrswege (unter besonderer Berücksichtigung durchgehender Trassen für Radwege), die Beteiligung aller Betroffenen sowie eine transparente Planung, die Belebung der lokalen Ökonomie (wobei an Geschäfte, gastronomische Einrichtungen sowie an soziokulturelle Angebote gedacht wird); weiterhin das „Teilen des Raumes“, was multifunktionale Nutzungen des Platzes ebenso bedeuten könne wie die Möglichkeit der Aneignung von Räumen durch die Anwohnerinnen und Anwohner; fünftens wird auf die ökologische Gestaltung verwiesen, im Buch mit „Metabolismus“ bezeichnet (hier geht es um Grünflächen, die Einbeziehung des Elements Wasser und der Sonneneinstrahlung sowie die Begrenzung asphaltierter Flächen auf das notwendige Minimum, im Wesentlichen also die Ermöglichung eines angenehmen Mikroklimas); als letztes wird auf eine einfache Ästhetik verwiesen, womit gegen die Reizüberflutung unserer Städte insbesondere durch Werbeflächen vorgegangen werden soll.

Im Schlussteil des zweisprachig gestalteten Bandes (Deutsch/Englisch) stellen Bendiks und Degros realisierte Beispiele durch ihr Brüsseler Büro „Artgineering“ vor, etwa die Begrünung eines ehemaligen Parkplatzes in Leuven („Park Belle-Vue“), einen „Shared Space“ in Brüssel („Place Dumon“) oder die neue Fußgängerzone in der Wiener Mariahilfer Straße.